Gottesdienst am 27.09.2020, in HeiligKreuz, Coburg

Ansprache der Regionalbischöfin für Christiane Maag zur Wiederbeilegung der Rechte aus der Ordination zu Psalm 118, 23,

Das ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder vor unseren Augen. (Ps. 118,23)

Liebe Gemeinde und vor allem liebe Christiane Maag,
dieses Bibelwort haben wir gerade im Wechsel als Psalm gesprochen. Sie, liebe Frau Maag, wollten, dass dieses Wort heute erklingt, denn ich hatte es über den Brief geschrieben, mit dem ich Ihnen im März 2019 auf Ihr Schreiben antwortete.
Als ich Ihr Schreiben gelesen hatte, war ich tief bewegt und hörte dieses Bibelwort überdeutlich in mir: Das ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder vor unseren Augen.

Was war geschehen? Ich blende kurz zurück und fasse es zusammen.
Im Jahr 2015 waren Sie - nach einer tiefen Lebenskrise und Entfremdung - aus unserer Kirche ausgetreten, der Altkatholischen Kirche beigetreten und hatten Ihre Ordinationsurkunde nach eigener Beendigung des Pfarrdienstes zurückgegeben.
An dieser Entfremdung haben wir als Kirche Anteil, weil wir Ihnen – bei aller Kritik, die wir damals hatten -  in dieser Krisenzeit nicht ausreichend erfahrbar seelsorgerlich zur Seite standen. In meinem Antwortbrief habe ich Sie daher auch um Entschuldigung gebeten. Ihr Schreiben freilich war ohne jede Anklage. Im Tonfall eines Menschen, der auf dem Weg der Versöhnung ist, schilderten Sie, was seit 2015 geschehen war:
Gott schenkte Ihnen, dass Sie Ihren jetzigen Mann Christoph kennen und lieben lernten. Mit 44 Jahren wurden Sie schwanger. Mit der überraschenden Schwangerschaft wurde auch ein Tumor entdeckt, der sonst verborgen gewuchert hätte. Es folgten Operation und Chemo in der Schwangerschaft! Doch Ihr gemeinsames Kind blieb im Mutterleib am Leben und wurde gesund geboren. Das Wunder vor unseren Augen, Korbinian, mittlerweile 2,5 Jahre alt, sehen und hören wir heute mitten unter uns.
Und auch in Ihrer Seele geschah ein Wunder. Sie merkten, wie sehr Sie evangelisch sind und spürten die Berufung, das Evangelium zu predigen wieder kräftig. Das war, seit sie den Weg in den Pfarrberuf gegangen waren, ohnehin Ihre Leidenschaft gewesen. Der Ruf Gottes, ihn zu verkündigen, war in Ihnen lebendig geblieben.

Das ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder vor unseren Augen. Weil ich dieses Bibelwort so deutlich in mir hörte, ging ich nach dem Lesen Ihres Briefes erst einmal auf die Suche, wo das Wort denn überhaupt in der Bibel steht, fand es im Psalm 118, begann ihn zu lesen und wurde ganz still. Denn in ihm steht auch der Vers, der oben in der Veste an der Wand zu lesen ist. Er passt nicht nur zu Luther, sondern er schloss auch Ihre Situation auf: „Ich werde nicht sterben, sondern leben und des Herrn Werke verkündigen“ (Ps 118,17).
Auch diesen Vers schrieb ich natürlich in meinen Antwortbrief an Sie.

Es kam, wie es kommen musste. Nach dem dann folgenden Gespräch mit Ihnen schrieb ich nach München und bekundete meinen Willen, Ihnen erneut die Rechte aus der Ordination anzuvertrauen.
Wiederanvertrauen der Rechte aus der Ordination - das ist ein Vorgang, an den sich niemand in unserer Landeskirche erinnerte. Im Gesetz steht er als Möglichkeit. Aber er wurde nie realisiert - zumindest nicht seit sich alle handelnden Akteure erinnern können. So dauerte es lange bis das Einvernehmen schriftlich dokumentiert vorlag.
Es gibt für diesen Vorgang auch keine Agende - auch bei der Vereinigten Lutherischen Kirche nicht. Von dort erhielt ich die Aussage, man müsse so vorgehen, als würde man neu ordinieren.
Doch wieder neu ordinieren stimmt auch nicht. Wie die Taufe nicht rückgängig gemacht werden kann, so auch die Ordination nicht. Sie bleibt. Sie gilt lebenslang. Nicht die Ordination ging Ihnen 2015 verloren; das kann weder ein Ordinierter noch eine Kirche herbeiführen; die Ordination bleibt mit der Person verbunden. „Nur“ die Rechte aus der Ordination wurden ihnen entzogen.
Und so geschieht heute etwas Wundersames, für das ich auch eine neue Agende schreiben durfte: Wir knüpfen an Ihre Ordination an, die lebenslang Gültigkeit hat, doch deren Rechte und Pflichten entzogen waren. Wir sprechen einander neu das Vertrauen aus: Sie geben sich neu hinein in die Aufgaben, die mit der Ordination verbunden sind und wir sprechen Ihnen die Rechte und Pflichten neu zu.
Ihre Ordinationsurkunde vom 14.3.2004 wurde nie vernichtet. Sie erhalten Sie heute nach dem Segen zurück.
Angesichts Ihrer familiären Situation ist es noch nicht Zeit, eine Pfarrstelle auszufüllen. So wird Ihr Pfarrdienst zunächst ehrenamtlich sein in dem Zuschnitt, der sich mit Ihren familiären Aufgaben vereinbaren lässt.
Wir sind Ihnen lieber Herr Maag dankbar, dass Sie den Berufungsweg Ihrer Frau liebevoll mittragen und Ihnen, liebe Frau Maag, für den ehrenamtlichen Dienst, den Sie tun wollen. Denn die Vakanzen im Dekanatsbezirk drücken uns doch sehr in St. Matthäus, Scheuerfeld-Weidach und in anderen Gemeinden.
Jedenfalls dürfen Sie nach der Wiederbeilegung der Rechte aus der Ordination ausnahmslos alle Dienste einer Pfarrerin tun. Wir freuen uns darüber und nehmen Sie mit der Segenshandlung auch menschlich und geistlich wieder auf in die Gemeinschaft der Ordinierten.

Wir sind dankbar für das, was Gott getan hat.
Das ist vom Herrn geschehen und ist ein Wunder vor unseren Augen.
Amen.