300 Jahre Dreifaltigkeitskirche Hafenpreppach

Predigt zum Kirchenjubiläum, 1. Advent 2022

Liebe Gemeinde,

Sie feiern dieses Jahr ein großes Jubiläum: Ihre Kirche ist 300 Jahre alt geworden. Am 18. Oktober 1722 wurde sie eingeweiht. Seitdem prägt Ihre Kirche die Landschaft. Wenn man auf der B 303 an Hafenpreppach vorbeifährt oder bei Spaziergängen auf den Ort zuläuft, ist sie das Wahrzeichen Ihres Ortes. Sie prägt Ihr Ortsbild und prägt vermutlich auch Ihr Bild von Heimat.
Wie gut, dass Ihre Gemeinde es in den 70er Jahren geschafft hat, die Kirche wieder in Stand zu setzen als sie baufällig war.
Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Kirche, die von ihrer äußeren architektonischen Form her anziehend ist und innen, wie ich finde, sehr anheimelnd.

Was gefällt Ihnen am besten an Ihrer Kirche? Vielleicht können Sie das gar nicht im Detail sagen, weil sie in sich so stimmig ist – auch in der Farbgebung: wohltuend durch das beruhigende Blau kombiniert mit lebendigem Rot und festlichem Gold. Ihr Hafenpreppacher habt wirklich eine schöne Kirche.
Welch gute Tradition, dass die jeweiligen Konfirmandeneltern vor der Konfirmation die Kirche reinigen und auch den Kronleuchter putzen! Behaltet das bitte bei. Denn solch eine Aktion verbindet mit dem Kirchgebäude, macht es einem vertrauter. Wenn man Mühe und Zeit investiert hat, ist es nochmals mehr das eigene.
Ja, Ihre Kirche gehört Ihnen. Sie haben einen Schatz in Ihrer Mitte, ein Gebäude, das Sie verbindet. Alt und jung gehen hinein. Ob jemand reicher ist oder ärmer, spielt hier keine Rolle. Vor Gott zählt unser Herz, unsere Liebe zu ihm und zu anderen Menschen. Und da ist jeder und jede unvollkom-men; und es ist jeder und jede willkommen.
An diesem Taufstein aus dem 17. Jahrhundert – er ist also noch älter als Ihre Kirche – wurden viele von Ihnen getauft – auf den dreieinigen Gott. Ihnen wurde dieses Willkommen zugesagt:
Du bist willkommen bei Gott. Wie alt Du auch bist noch unter 14 oder über 84 oder dazwischen -  Du bist Gottes Kind. Er freut sich, wenn Du hier zu ihm betest und Dein Herz öffnest für ihn.

Heute feiern wir 300 Jahre Dreifaltigkeitskirche und auch den Beginn des neuen Kirchenjahres, denn heute ist der 1. Advent. Wir bereiten uns auf Weihnachten vor – auf zweifache Weise:
Zum einen bereiten wir das Fest vor mit Plänen, wie und mit wem wir feiern und was wir essen; auch in welchen Gottesdienst wir gehen.
Zum anderen bereiten wir uns selbst vor. Denn der Advent ist traditionell eine Bußzeit – eine Zeit fürs Reinemachen in der Seele und im Leben.
Wir machen sozusagen bei uns Kirchenputz und schmeißen raus, was zu Jesus nicht passt.

Was passt denn nicht zu ihm?
„Siehe Dein König kommt zu Dir ein Gerechter und ein Helfer“. So lautet der Wochenspruch für den 1. Advent. Er steht im Alten Testament im Prophetenbuch Sacharja 9,9. Wir beziehen diesen Spruch auf Jesus: Er ist ein Gerechter und ein Helfer.
Allerdings verstehen wir Europäer oft unter Gerechtigkeit etwas anderes als das Alte Testament. Wenn ein König gerecht ist, dann bedeutet das im Alten Testament, dass er einen Blick hat für die Armen, für die Alleinstehenden, für die, die Hilfe brauchen. Daher gehören diese Eigenschaften auch zusammen: Ein Gerechter und ein Helfer.
Der biblisch-alttestamentliche Glaube ehrt eine schenkende Gerechtigkeit, die dem Menschen, der etwas wirklich braucht, das auch schenkt. Diese schenkende Gerechtigkeit gleicht Mangel aus. Jesus ist solch ein Gerechter und ein Helfer, wir könnten auch sagen: Ein schenkender, helfender Mensch.
Der Spruch im Zusammenhang lautet: Du, Tochter Zion, freue Dich sehr, und du, Tochter Jerusalem jauchze! Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel.

Passend zum alttestamentlichen Wochenspruch wurde uns das Evangelium aus dem neuen Testament vorgelesen. Der Evangelist Matthäus erzählt vom Einzug Jesu in die Stadt Jerusalem. In seine Erzählung integriert er den alttestamentlichen Spruch, allerdings leicht abgewandelt. Ich zitiere aus unserem Evangelium:
„Das geschah aber, auf dass erfüllt würde, was gesagt ist durch Propheten – also Sacharja – Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu Dir sanftmütig und reitet auf einem Esel.“
Da werden die Worte „Gerechter und Helfer“ also ersetzt durch „sanftmütig“. Nicht, dass in Abrede gestellt würde, dass Jesus gerecht ist und hilft, doch es wird hervorgehoben, wie er es tut: „Sanftmütig!“
Dazu passt die betonte Nennung des Esels als Reittier in beiden Texten. Sie bedeutet:
Dieser König wird keinen Krieg führen. Er kommt nicht hoch zu Roß. Wer ein Schlachtross sucht – Fehlanzeige. Er ist der Friedenskönig – und das Ziel des Friedens erreicht er nicht durch Gewaltanwendung, sondern sanftmütig, auf eine möglichst friedliebende Weise. Von ihm können wir in Konflikten – gerade auch in unseren Familien - viel lernen. Wir bekommen nur Frieden, der diesen Namen auch verdient, durch Sanftmut auf dem Weg dorthin.

Dieses Bild, das Sacharja und Matthäus vom ersehnten großen König zeichnen – gerecht, helfend, sanftmütig - ist bei Jesus erfüllt. Überspitzt gesagt: Jesu größte Waffe ist seine entwaffnende Hilfsbereitschaft und Friedfertigkeit. Ein besonderer König, ein besonderer Herr, den wir als Christen verehren.

Sie haben in dieser Kirche dazu passend ein besonderes Christusbild hängen. Bestimmt kennen Sie es. Man kann die Schrift unter dem Bild nicht entschlüsseln. Ihr Pfarrer hat es auch schon oft versucht und ist gescheitert.
Aber das Bild selbst ist sprechend:
Es zeichnet Jesus, wie ihn unsere Bibelworte beschreiben. Da ist Güte und Milde im Blick, Sanftmut.

Warum beschreibe ich Jesus so ausführlich? Nun - wir singen: „Macht hoch die Tür“ und „Komm oh
mein Heiland Jesu Christ, meins Herzens Tür Dir offen ist.“ Wir laden Jesus als unseren Herrn und König ein, auch zu uns zu kommen.
Das Volk umjubelte ihn, weil sie von seinen Heilungswundern gehört hatten. Aber wenige Tage später schon forderten sie seine Kreuzigung, weil sie ihn doch nicht wollten. Wahrscheinlich wäre ihnen ein zupackender Herrscher, der die Römer mit Gewalt aus dem Land wirft doch lieber gewesen.
Wer Jesus in sein Herz einlädt, muss wissen, was er tut. Diese Einladung wird uns verändern, wir werden selbst sanftmütiger und friedfertiger werden, wir lernen die schenkende Gerechtigkeit.

Das Gute ist: Jesus kommt nicht erst, wenn wir so sind, dass es zu ihm passt, sondern er kommt und hilft uns, damit wir so werden, wie es zu ihm passt:

Dazu erzähle ich Ihnen eine Geschichte.
Ein Mann wohnt allein in einem Einödhof – ähnlich dem des Erbauers der hiesigen Krippe; Gott hab ihn selig.
Dieser Mann hat einen Gast eingeladen. Er will mit ihm über ein größeres Projekt sprechen, denn er hält große Stücke auf ihn. Sein Gast ist Experte und wird ihn beraten. Er hat ihn noch nie getroffen und ist gespannt auf die Begegnung am Nachmittag.
Er freut sich über die Zusage seines Kommens und ist fast ein wenig aufgeregt. Dabei ist es erst Vormittag.
Er will sogar einen Käsekuchen backen. Als der Kuchen im Ofen ist, fängt er an zu putzen. Er öffnet vor dem Staubsaugen die Fenster weit, da sieht er einen Fremden auf sein Haus zuspazieren.
„Grüß Gott!“ sagt der Fremde. „Grüß Gott!“ sagt unser Mann. Der Fremde bittet um ein Glas Wasser, weil er schon so lange unterwegs ist.
Das gibt ihm unser Mann sehr gerne und zugleich entschuldigt er sich, dass er sich nicht zu ihm setzen kann: „Ich bekomme heute Nachmittag Besuch, da soll mein Haus schön sein“.
„Prima!“ sagt der Fremde. „Kann ich behilflich sein?“ „Ja, wenn Sie schon so fragen - eine Bitte hätte ich“, sagt unser Mann. „Ob Sie mir helfen könnten, den Tisch vom Teppich zu tragen? Da kann ich besser Staubsaugen.“ Das geschieht und weil der Fremde den Tisch auch wieder mit zurückstellt, so gerne hilft und auch so nett erzählen kann, lässt sich unser Mann vom Fremden gerne weiter unterstützen.
Fast hätte er den Käsekuchen vergessen. Aber der Fremde hat eine feine Nase und holt den Kuchen rechtzeitig aus dem Ofen.
Mittlerweile ist es schon 14.00 Uhr geworden. Das Haus ist blitzesauber.
„So“, meint unser Mann, „nun kann mein Gast kommen.“ „Wieso?“ sagt da der Fremde – „ich bin doch schon da.“

Das ist meine liebste Adventsgeschichte. Im Advent bereiten wir uns auf das Kommen Jesu vor. Und bei dieser Vorbereitung ist Jesus doch schon da.
Im Advent als Zeit zur Reinigung, zur heilsamen Veränderung, würden wir gerne unseren Egoismus aus dem Herzen werfen und welche schwierigen Eigenschaften wir sonst noch haben. Aber so einfach ist das ja nicht.
Doch keiner hilft uns dabei so gerne und wirksam wie Jesus. Er kommt nicht erst, wenn wir gut geworden sind. Er ist es doch, der uns heilsam verändert.
Mit ihm kann man reden, mit ihm kann man putzen – das Haus und die Seele. Mit ihm können wir dann auch unsere Lebensprojekte besprechen. Was wollt Ihr Konfirmanden einmal beruflich werden. Besprecht es auch mit Jesus.
Er ist sich für keine Hilfe zu schade. „Siehe, Dein König kommt zu Dir ein Gerechter und ein Helfer, sanftmütig ist er.

Liebe Gemeinde, Ihre schön geputzte Kirche ist ein Ort, in den Sie so kommen können, wie Sie sind. Denn hier ist ein Ort der Begegnung mit Jesus Christus, mit dem Sie alles besprechen können, das Unschöne, das war und Ihre Seele zugemüllt hat. Er hilft es raustragen, er befreit von Altlasten.
Er freut sich mit Ihnen, über alles, was an Liebe gelingt in Ihrem Leben. Und er ist es, der Ihnen helfen wird, in die Zukunft zu gehen.
Als dieser Begegnungsort mit ihm ist Ihre Kirche von unschätzbarem Wert.
Jesus will Ihnen auch zu Hause begegnen, auch im Wald, auch bei der Arbeit, auch in der Schule. Doch Ihre Kirche ist der Ort, an dem Sie ihn näher kennenlernen durch die biblischen Geschichten, die Predigten, die Lieder.
Hier in der Kirche schenkt er Ihnen ganz gewiss seine hilfreiche Nähe und seine heilsam verändernde Gegenwart. Amen.