Ordination von Esther Böhnlein

Predigt am Sonntag Laetare 27.03.2022, in der St. Johanniskirche in Rödental

Liebe Gemeinde und vor allem liebe Esther Böhnlein,

wir sind mitten in der Passionszeit. Doch „Lätare“ -„Freut Euch!“ - so heißt unser Sonntag heute. Und das passt, denn wir freuen uns heute alle:
Die Gemeinde freut sich, denn nun ist eine junge Pfarrerin da. Wer sie gesehen und gesprochen hat, spürt: Esther Böhnlein ist eine verlässliche, Vertrauen weckende Persönlichkeit. Sie hört zu und wendet sich zu. Sie wirkt geordnet und macht einen kompetenten Eindruck. Ich kann Ihnen sagen: Dieser Eindruck trügt nicht. Die Gemeinden St. Johannis und Weißenbrunn können sich wirklich freuen und die ganze Region. Es passt alles, das Wetter, die Kirche, der Mensch.
Vor allem aber für Sie, liebe Esther Böhnlein, ist heute ein einzigartiger Freudentag. Sie wollen seit Sie 15 Jahre alt sind, Pfarrerin werden. Und heute werden Sie Pfarrerin im Vollsinn.
Heute werden Sie berufen, gesandt und gesegnet für den Dienst, den Sie als Pfarrerin tun werden. Die Rechte aus der Ordination gelten sogar über Ihren Ruhestand hinaus, denn sie verbinden sich mit Ihrem Leben. Heute ist ein großes Lebens- und Glaubensfest.
Merkwürdigerweise handelt der Wochenspruch aber vom Sterben. Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein, wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht. Jesus spricht da von sich selbst. Er ist das Weizenkorn, das begraben werden wird. Er ist bereit, den Weg der Hingabe und Liebe bis zur letzten Konsequenz zu gehen, nicht zu fliehen, sondern sich töten zu lassen.
Sein Märtyrertod am Kreuz hat allem, was er zu Lebzeiten sagte und tat, nochmals viel größere Wirksamkeit gegeben. Ohne diesen Hingabetod gäbe es nicht diese Auferstehung, die den Weg der Liebe bestätigt, gäbe es keine Glaubensbewegung, die sich millionenfach verbreitet bis hin zu uns heute. Wir sind eine Frucht - unser eigenes Christsein ist eine Frucht der Hingabe Jesu am Kreuz.

Was heißt das nun für unser Leben? Sollen wir uns auch so hingeben wie Jesus, damit wir Frucht bringen? Sollen Sie, liebe Esther Böhnlein, sich so hingeben wie Jesus, damit in Rödental Frucht entsteht und Glauben wächst?
Ja, es stimmt, wir sollen Jesus nachfolgen und seinen Weg der Liebe gehen, der uns auch viel kosten kann, z.B. weil wir dann an uns arbeiten, dass wir vergeben, statt draufzuhauen, dass wir für andere da sind, statt primär unsere Eigeninteressen zu vertreten. Ja, wir üben wir uns ein in die Hingabe liebenden Lebens. Und darum lautet auch die letzte Frage an Sie, liebe Esther Böhnlein: „Bist Du bereit in der Nachfolge Jesu Christi jederzeit so zu leben, wie es Deinem Auftrag entspricht?“ Hingabe gehört zu unser aller Christsein und zu diesem Beruf. So bringt unser Leben Frucht – wächst Glaube, Liebe, Hoffnung in unserem Umfeld.

So sehr dies also stimmt, dass die Hingabe zum Leben als Christ gehört, so sehr verneine ich eine einfache Parallelisierung des Weges Jesu mit unserem Weg. Jesus war und ist einzigartig. Jesus lebte und lebt so wie kein anderer Mensch in Verbindung mit dem Vater im Himmel. In Jesus ist in Person Heil und Erlösung und nicht in uns.
Dies wird auch in dieser Kirche so anschaulich. In den Fresken im Deckengewölbe des Chorraums über dem Kreuz sind Heilpflanzen darstellt. Da wird symbolisch deutlich: Christus ist der Heiland. In ihm ist Heil und Heilung.

Darum ist unser aller Lebensaufgabe eben nicht nur die Nachfolge auf dem Weg der Hingabe und Liebe Jesu, sondern unsere Aufgabe ist es mindestens ebenso Mittelsmänner und Mittelsfrauen zu Jesus hin zu sein - wie Philippus im heutigen Evangelium: Wildfremde Menschen, die in die Stadt zum Fest gekommen sind, gehen auf Philippus zu und sprechen ihn an: „Wir wollen Jesus sehen.“
Es gibt auch im säkularisierten Deutschland Menschen, die Jesus kennenlernen wollen. Deshalb ist es wichtig, dass wir erkennbar sind als Menschen, die zu Jesus gehören. Wir sind erkennbar, indem wir auch im Restaurant kurz still die Hände falten vor dem Essen. Wir sind erkennbar, indem wir in den Gottesdienst gehen. Wir sind erkennbar, indem wir auch mal in Gesprächen unsere Überzeugungen explizit mit unserem Glauben begründen.
Und ich möchte Ihnen als Gemeinde sagen: Wenn Sie im Alltag erkennbar sind als Menschen, die zu Jesus gehören, dann ist das oft wirksamer als bei uns Pfarrern. Denn bei uns kann man das erwarten. Wenn aber Sie sich als Menschen zu erkennen geben, die zu Jesus gehören, dann beeindruckt das Ihre Gegenüber.
So wichtig also Sie, liebe Gemeindeglieder, sind mit Ihrer Erkennbarkeit als Christen in Ihrem Alltag, so wichtig ist es auch, dass Menschen gibt, deren Beruf es ist, Brückenmenschen zu Jesus zu sein.
So war es ja auch bei Ihnen, liebe Frau Böhnlein. Da waren Pfarrer, die entscheidend dazu beigetragen haben, dass Sie Jesus kennen und lieben gelernt haben, schon als Kind in Memmelsdorf. Bis heute erinnern Sie sich daran, wie Pfarrer Martin Richter im Kindergottesdienst Ihnen vom letzten Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern erzählt hat. Das prägt Ihr Abendmahlsverständnis bis heute.
In der Konfirmandenzeit hat Pfarrer Knut Meinel Sie begleitet, sodass Sie ermutigt wurden, selbst Jugendleiterin zu werden und Konfirmanden zu begleiten. Durch ihn haben Sie Kirche - wie Sie sagen - als „Ort des Angenommenseins“ kennengelernt. Er war auch noch ein verlässlicher Ansprechpartner als Sie studierten: in Jena, Berlin, Abereen und wieder in Jena. Und Pfarrerin Töpfer aus Ihrer Vikariatsgemeinde Dörfles-Esbach haben Sie gebeten, heute mit Hand aufzulegen, weil sie Ihnen im Vorbereitungsdienst eine so gute Lehrpfarrerin war.

Wir gehen den Weg persönlicher Hingabe und - das war mein zweiter Gedanke – wir sind als erkennbare Nachfolger zugleich Brückenbauer zu Jesus hin.
Nun kommt der dritte Gedanke: Wir sind als Christen keine Einzelgänger, sondern suchen Kooperation und Gemeinschaft.
Schauen wir dazu nochmals in Evangelium des heutigen Sonntags.
Philippus wird angesprochen von Menschen: Wir wollen Jesus sehen. Und was macht Philippus? Er geht zuerst zu einem anderen Jünger, dem Andreas, und erzählt es ihm und gemeinsam gehen sie dann zu Jesus.
Das fällt mir sowieso je länger desto mehr auf, dass im Neuen Testament, die Jünger viel seltener allein als zu zweit handeln und unterwegs sind. Früher gab es unter der Pfarrerschaft oft die Haltung: Selig sind die Bene, die am Altare stehn allene. Das ist eine Haltung, die im Neuen Testament keinerlei Anhalt hat. Jesus sendet seine Jünger immer zwei und zwei. Auch Paulus ist auf seiner Reise mit Silas unterwegs.
Religiöses Einzelgängertum hat Jesus nicht befördert. Er selbst hat die Gemeinschaft mit seinen Jüngern gesucht - bis hin, dass er drei von ihnen im Garten Gethsemane gebeten hat: Wacht mit mir und betet mit mir.
Wenn Jesus das braucht, wenn der Jünger Philippus Partner sucht, wie viel mehr dann auch wir als Christenmenschen und wir Pfarrer und Pfarrerinnen.
Glücklicherweise nehme ich in den letzten zehn Jahren verstärkt eine gute Bewegung wahr, eine Bewegung hin zum Arbeiten im Team mit anderen Pfarrern und Diakonen in der Region und hin zu echter partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen in der Gemeinde. Auch Gemeinden suchen den Zusammenalt als Christen in der Region. Das ist gut und wichtig, denn es braucht einen neuen Gemeinschaftssinn unter Christen.
Ordinanden geben ihrem Regionalbischof, ihrer Regionalbischöfin vor der Ordination eine Stellungnahme zu wesentlichen Glaubensgrund-lagen ab. Selten habe ich in solch einer Stellungnahme so häufig das Wort „Gemeinschaft“ gelesen, wie bei Ihnen, liebe Frau Böhnlein. Ihr Ziel ist die Gemeinschaft um und für Jesus. Sie wollen Menschen ins Gespräch bringen, sodass - wie Sie selbst sagen - „sie sich als Teil der Gemeinschaft Jesu Christi verstehen“. Diese Gemeinschaft um Jesus wollen Sie fördern. Ihr wollen Sie dienen.
Ich bin dankbar für solch eine Zielbeschreibung, denn die Vereinzelung nimmt in unserer Gesellschaft zu - und die Polarisierungen. Unsere Gemeinden haben darin eine große Aufgabe, dass sie integrative Gemeinschaft sind, die keinen Menschen ausschließt, sondern jeden bei Jesus willkommen heißt.
Als Gemeinschaft schaffen wir auch viel mehr, um Menschen in Not zu unterstützen, wie jetzt in der neuen Flüchtlingswelle, die noch größer ist als im Jahr 2015. Gemeinsam sind wir stark und gemeinsam um Christus unvergleichlich viel stärker.
Wir sind als Gemeinschaft um Christus das lebendige Gegenmodell zu jeder rechts-populistischen exclusiven Gesellschaft.
Gestern haben wir in Bayreuth wieder unseren monatlichen Internationalen Gottesdienst gefeiert. Ich freue mich immer, wenn auch Menschen mit anderer Hautfarbe zur Gemeinde gehören. Gestern waren zum ersten Mal ukrainische Christen dabei – über dreißig waren es in jedem Fall. Immer sage ich den Willkommensgruß im Internationalen Gottesdienst in sechs verschiedenen Sprachen, auch russisch ist dabei, auch gestern war es so. Und ich habe zum ersten Mal in ukrainisch begrüßt – also in beiden Sprachen. In der Gemeinschaft um Christus gibt es keine Feinde.
Wir feiern generationenübergreifend Gottesdienst. Wie schön, dass heute immer wieder auch eine Kinderstimme zu hören ist. Zu unserer Gemeinschaft gehören auch Menschen mit Beeinträchtigung und mit Demenz. Gerade weil unsere Gemeinschaft diese klare Mitte hat - Jesus Christus - ist sie so einladend, so offen und integrativ.

Es ist ein Geschenk, dass Sie, liebe Frau Böhnlein, die Gemeinschaft Jesu Christi auch in Ihrer Partnerschaft leben können. Ich sage auch Ihnen, lieber Herr Goldammer, ein herzliches Willkommen in Rödental und im Kirchenkreis. Sie werden auch mit segnen.
Auch die anderen Assistierenden, die Sie vorgeschlagen haben, liebe Frau Böhnlein, sind Menschen, die den Weg der Nachfolge gehen und die stellvertretend hier stehen für die Gemeinschaft der Glaubenden.

Wir alle hier im Raum ordinieren Sie heute, liebe Frau Böhnlein, indem wir für Sie beten und Sie segnen, manche mit Handauflegung und alle anderen in Gedanken.
Und doch wissen wir: Jesus Christus ist Ihr eigentlicher Ordinator. Er ruft Sie in die Nachfolge, auf den Hingabeweg der Liebe. Er sendet Sie Brückenbauerin zu sein hin zu ihm. Und er segnet Sie, indem er Ihnen seine fortwährende Gemeinschaft schenkt und die Gemeinschaft derer, die an ihn glauben.
Als diese Gemeinschaft der Glaubenden bitten wir nun für Sie um seinen Heiligen Geist.