Ordination von Melissa Wißmann und David Kieslich

Predigt am Sonntag Oculi, 20.03.2022, in Forchheim St. Johannis

Liebe Festgemeinde, vor allem, liebe Melissa Wißmann und lieber David Kieslich,

welch ein großes Fest! Sie beide sind bereit, sich ordinieren zu lassen und unsere Kirche ist bereit Sie zu ordinieren, also zu berufen, zu segnen und zu senden für den Dienst der öffentlichen Wortverkündigung und Feier der Sakramente als Pfarrerin und Pfarrer unserer Kirche.
Die Ordination wird über den Ruhestand hinaus gelten, Ihr ganzes Leben lang. Sie ist als Berufung ein Ruf in die Nachfolge Jesu Christi, die das ganze Leben umfasst in seiner ganzen Länge, Weite und Tiefe. Denn die letzte der Ordinationsfragen wird Sie nach Ihrer Bereitschaft fragen, in der Nachfolge Jesus Christi zu leben.

Daher passt unser heutiges Evangelium, das wir vorhin gehört haben, sehr gut, denn es handelt von der Nachfolge. In der Lutherbibel ist der Abschnitt aus dem Lukasevangelium überschrieben mit: „vom Ernst der Nachfolge“.
Dieses Bibelwort gilt natürlich heute insbesondere Ihnen beiden. Doch ich bitte, dass alle hier im Raum sich angesprochen wissen. Denn Jesus ruft jeden und jede in ein Leben mit ihm, in seine Nachfolge.
Jesus nachzufolgen ist wirklich eine sehr ernsthafte Weichenstellung, ein lebenslanger Prozess sich vertiefender Liebe zu Jesus und zum Vater im Himmel in der Kraft des Heiligen Geistes und zur Liebe zu allen Menschen. Doch diese ernsthafte Weichenstellung führt in ein sinnvolles Leben, in die Freiheit und in die Freude.

Unser Evangelium endete mit dem Satz, der zugleich Wochenspruch ist: Wer seine Hand an den Pflug legt und sieht zurück, der ist nicht geschickt zum Reich Gottes. Das bringt mich auf den ersten Blick etwas in Schwierigkeiten, weil ich natürlich mit Ihnen zurückblicken will in die vita der beiden, um sie Ihnen allen vorzustellen.
Doch der tiefe Sinn des Wochenspruchs ist nicht die verordnete Verdrängung für alles Vergangene. Es ist die Bitte an uns: Was immer Euch in der Vergangenheit festhält und hindert frei und froh Jesus nachzufolgen, das lasst hinter Euch.
Ich mache ein Beispiel: Es gibt Erinnerungen, die uns in der Vergangenheit halten. Es sind oft Dinge, die wir anderen vorwerfen oder auch uns selbst.
Gibt es etwas, das Sie, einem anderen Menschen vorwerfen? Jesus bittet: Vergib dem anderen Menschen, so wie der Vater Dir vergeben hat. Vergeben zu können, dauert oft lange, aber es macht uns selbst frei, nimmt der uns schädigenden Tat ihre Kraft.
Gibt es etwas, das Sie sich selbst immer wieder vorwerfen? Eine falsche Entscheidung? Ein Versagen in der Erziehung in der Ehe, im Beruf? Bittet den Vater im Himmel um heilende Vergebung. Er vergibt. Manchmal braucht es auch den Zuspruch der Beichte, um einen Selbstvorwurf loslassen zu können. Doch das ist unser Weg der Nachfolge Jesu: Frei zu werden von vergangener Schuld, vergangenen Fehler von anderen an uns und von uns selbst. So verliert die Vergangenheit bindende Macht. So werden wir frei für das Reich Gottes - für die Gegenwart Gottes hier und jetzt und in Zukunft.

Ihre Vergangenheit, liebe Frau Wißmann und lieber Herr Kieslich ist in Gottes liebender Hand. Er hat Sie hierhergeführt, sodass Sie heute bereit sind sich ordinieren zu lassen und nach vorne gehen. Unser Blick zurück bindet nicht, sondern ist im Gegenteil fröhlich und dankbar.

In Ihrem Leben, liebe Frau Wißmann, war es weder in Kindheit und Jugend klar, dass Sie Theologie studieren und Pfarrerin werden. Sie wuchsen zwar in einer evangelisch-lutherisch geprägten Familie auf und gingen in die Jungschar. Doch es war erst ein einjähriger Aufenthalt nach dem Abitur in Indien, der die Frage in die Mitte rückte:
Wo stehe ich?
Sie lebten dort ja unter Hindus und arbeiteten in einer christlichen Schule für Menschen mit Behinderung. Dieses gläubige, bunte Indien war für Sie Anstoß Religionspädagogik in Nürnberg zu studieren - noch nicht Theologie für den Pfarrberuf, denn dieser Weg schien Ihnen zu groß.
Doch irgendwie verloren Sie die Scheu und begannen nach einem Semester doch mit der Volltheologie in Erlangen und dann in Halle-Wittenberg.
Hineingestolpert in diesen Weg? Nein. Ihr Konfirmationsspruch bewahrheitet sich da für Sie. Gott spricht: „Ich sage dir, was du tun sollst, und zeige dir den richtigen Weg. Ich lasse dich nicht aus den Augen.“ Ihr gelungener Vorbereitungsdienst bei Ihrem Mentor Herrn Holmer hat Sie vollends gewiss werden lassen.


Jeder Lebensweg ist anders. Ihnen, lieber Herr Kieslich, hat Gott schon früh den Ruf zum Pfarrberuf ins Herz gelegt - und er hat Ihnen dann auch die Kraft zur Verwirklichung gegeben. Sie haben unendlich viel Beharrlichkeit und Durchhaltever-mögen bewiesen, um Pfarrer werden zu können:
Sie besuchten nach der Grundschule in Sugenheim zunächst die Hauptschule, dann die Wirtschaftsschule. Nach der Mittleren Reife absolvierten Sie das Fachabitur in Scheinfeld, Mittelfranken.
Sie schlossen ein freiwilliges soziales Jahr an und arbeiteten mit Menschen mit Behinderung aller Altersstufen. Dieses Engagement für Menschen mit Behinderung, bestärkte Sie auf dem Weg in den Pfarrberuf, für den Sie freilich erst den Schritt über die Evangelische Hochschule Nürnberg gehen mussten. Sie haben also beide dort zunächst studiert. Nach drei Semestern bzw. dem Erwerb der Voraussetzungen zum Volltheologiestudium wechselten Sie nach Neuendettelsau.
Sie studierten ein Semester in Oslo, dann in Wien und kehrten zur Examensvorbereitung nach Neuendettelsau zurück. Ingrid Koschnitzke, die Sie im Vikariat begleitete, nennen Sie dankbar Ihre „Lehrmeisterin“.

Und nun sind Sie beide da, sind Ihren Weg - von Gott geführt - gegangen. In der gegenwärtigen Lebenssituation tun Sie eh nicht, was der Wochenspruch bemängelt. Sie hängen nicht an dem, was war. Für Sie hat sich ja eine Tür geöffnet, die niemand schließt. Sie freuen sich auf die Zukunft als Pfarrerin und Pfarrer.

Sie, liebe Frau Wißmann, haben freilich gegenwärtig fast Berufsverbot und dürfen weder Gottesdienste halten, Menschen besuchen oder unterrichten, weil Ihr Baby trotz Pandemiezeiten gesund zur Welt kommen soll. Nach der Erziehungszeit im August 2023 werden Sie wieder einsteigen hier auf der Stelle Forchheim St. Johannis I. Denn Enno Weidt muss eine halbe Stelle aufgeben für seinen Dienst als amtierender stellvertretender Dekan. Diese halbe Stelle werden Sie ausfüllen.
Sie schauen nach vorne:
„Ich freue mich auf die zahlreichen und vielfältigen Begegnungen und Lebensgeschichten; auf den Austausch mit der Gemeinde im Gottesdienst, in Gesprächen und mitten im Leben. Und ich freue mich auf die Zusammenarbeit im großen Team der Haupt- und Ehrenamtlichen.“

Sie, lieber Herr Kieslich, haben eine anspruchsvolle Stelle: Streitberg bekommt nach der neuen Landesstellenplanung nur noch eine halbe Gemeinde-Stelle und Muggendorf auch. Macht zusammen rechnerisch eine Stelle. Sie gehen diese Kombistelle mutig an und schauen nach vorne:
„Ich freue mich auf die Menschen, denen ich nun begegnen und deren Leben ich begleiten darf.
Ich freue mich auf die gemeinsame Zeit, in der wir miteinander Gemeinde bauen und von dem Gott erzählen, der uns in allen Höhen und Tiefen nahe ist.“

Nicht zurückschauen, nicht an dem hängen, was die Vergangenheit geprägt hat, sondern nach vorne. Das tun Sie beide. Heute ruft Christus Sie in die Nachfolge, er segnet Sie für Ihren Weg, er sendet Sie in den Dienst, die gute Nachricht von Gottes Reich zu verkünden.
Wenn wir Jesus nachfolgen, also hinter ihm hergehen, dann sehen wir - eigentlich logischerweise - wenn wir nach vorne schauen, ihn vor uns.
Darum ist es so passend, dass auf der Einladung, die vom Dekanat zu Ihrer Ordination versandt wurde, oben drüber das Bibelwort steht:
Unsere Augen sehn stets auf den Herren.
 
Sie beide haben nachgedacht darüber, was Sie da wahrnehmen, wenn Sie auf den Ihren Herrn sehen:

Melissa Wißmann:
„Ich sehe geöffnete Arme, die sagen, alle sind willkommen. Gott lädt fest im Glauben verankerte, Zweifelnde und Suchende ein. Bei Gott ist Platz von den kleinen bis zu den großen Fragen des Lebens.“

David Kieslich:
„Ich sehe vor mir die ausgebreiteten Arme des segnenden Christus. Wie ein Schutzmantel umfängt er mich und alle, die vor ihn kommen.
Dort fühle ich mich geborgen und weiß mich gestärkt für alles, was da noch kommen mag.“

Geöffnete oder ausgebreitete Arme, das sehen Sie beide. Vor Ihren Herrn, der Sie aufnimmt wie Sie sind, der Sie schützt und birgt, treten Sie nun, wenn Sie ordiniert werden. Er ist es, der Sie ruft, segnet und sendet.

Zuvor bitten wir alle gemeinsam um die wirksame Gegenwart des Heiligen Geistes mit dem Lied:
Komm Heilger Geist mit Deiner Kraft, die uns verbindet und Leben schafft.