Ordination von Michael Herán

Predigt zur Ordination von Michael Herán an Invokavit, 6. März 2022, St. Bartholomäus, Pegnitz

Liebe Festgemeinde, vor allem, lieber Michael Herán!

Das Evangelium an Ihrem Ordinationsfest, lieber Herr Herán, ist spannend. Schon der Beginn dieser Geschichte. Ich zitiere:
Jesus wurde vom Geist in die Wüste geführt, damit er vom Teufel versucht würde.
Nicht nur, dass der Geist Gottes Jesus in die Wüste führt, sondern es ist wohl auch das Ziel des Geistes Gottes, dass Jesus Versuchungen durchläuft.

Was heißt das nun für Sie? Dass der Geist Sie in die Wüste Auerbach geführt hat und dort eine Versuchung nach der anderen auf Sie wartet?
Auerbach ist alles andere als eine Wüste. Ich selbst finde, dass Auerbach eine wirklich schöne Stelle für den Berufsbeginn ist und habe sie darum für diesen Einsatz benannt.
Sie haben sich ja auch die Beschreibungen aller möglichen Stellen genau durchgelesen und sich bewusst entschieden, dass Sie zusammen mit Ihrer Frau nach Auerbach wollen. Wir alle freuen uns darüber. Auch an Sie, liebe Frau Herán, ein herzliches Willkommen!
Die Menschen im Dekanatsbezirk Pegnitz und besonders die evangelische Gemeinde in Auerbach freut sich – bestimmt auch die katholischen Mitchristen – dass Sie da sind; und nicht zuletzt die Kollegenschaft, die in der Vakanz vertreten hat. Der danke ich herzlich! Ich nenne einige stellvertretend: Christian Parchent hat z.B. die Öffentlichkeitsarbeit übernommen, Beerdigungen und Trauerfeiern, Thomas Kurz die Konfi-Arbeit, Markus Rausch die Pfarramtsführungen und viele weitere Pfarrer und Pfarrerinnen, Lektoren und Prädikanten haben kräftig mitgeholfen bei Gottesdiensten. Danke auch dem Kirchenvorstand und allen Mitarbeitenden, die die Vakanz durchgetragen haben. So ist Auerbach keine Wüste geworden, sondern war gut begleitet.
Ich glaube auch nicht, dass große diabolische Versuchungen in Auerbach auf Sie warten.
Es kann ohnehin sehr abwegig sein, wenn eine Bibelstelle einfach auf Ihre oder unsere Situation übertragen würde. So lesen wir nun einmal die Bibel nicht, sondern wir fragen: Was willst Du, Gott, uns sagen durch diese Geschichte für unser Leben? Was können wir aus dieser Geschichte lernen, was können wir von Jesus lernen?

Jesus kannte sich in seiner Bibel – also in unsrem heutigen Alten Testament – gut aus. Das können wir von ihm lernen. Der Versucher fragt ihn – und Jesus hat jedes Mal ein passendes Bibelwort parat, mit dem er der Versuchung den Hahn abdreht.
Diese Geschichte ist ein Ansporn, Bibelworte auswendig zu lernen, sodass wir sie inwendig in uns tragen und anwenden können.

Schauen wir uns die erste Versuchung an: Als der Teufel Jesus, nach 40 Tage Fasten, dazu bewegen will, zur eigenen Bedürfnisbefriedigung aus den Steinen Brot zu machen, zitiert Jesus aus 5. Mose Kapitel 8: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus Gottes Mund kommt.
Er wehrt sich nicht nur drei Mal mit Bibelworten, sondern betont bei der ersten Versuchung: Aus Gottes Wort kommt Leben für uns Menschen.

Diese Liebe und dieses Sich-Verankern in den Worten der Heiligen Schrift ist schon eher eine Parallele zu Ihnen, lieber Michael Herán. Und das ist gut so, denn die Bibel ist und bleibt Grundlage unserer Verkündigung. Daher lautet meine erste Ordinationsfrage an Sie:
Bist Du bereit, das Evangelium von Jesus Christus zu predigen und zu lehren, wie es in der Heiligen Schrift gegeben ist.
Dazu muss man sich in der Heiligen Schrift auskennen. Und das tun Sie. Schon als Kind haben Sie Ihre Kinderbibel gelesen oder sich vorlesen lassen. Wie gut, dass Ihre Mutter – damals Pfarramtssekretärin in Mitwitz – darauf geachtet hat, dass Sie durch den Kindergottesdienst in die Welt der biblischen Geschichten hineinwachsen.

Das schuf die Grundlage dafür, dass Sie sich engagierten in der Jugendarbeit: Sie begleiteten den dekanatsweiten Konfirmandentag, leiteten eine evangelische Theatergruppe, besuchten den Grundkurs für Jugendmitarbeiter und etliche Aufbaukurse. Im Jahr 2010 wurden Sie sogar Mitglied der Dekanatsjugendkammer, zwischen 2012 und 2016 ihr Vorsitzender und dann seit 2013 Mitglied des Dekanatsausschusses.

Dass Sie aber Theologie studieren und damit auch die Heilige Schrift, war trotzdem nicht klar. Schließlich lagen Ihre Gaben eindeutig im Bereich der naturwissenschaftlichen Schulfächer.
So schwankten Sie zwischen einem naturwissenschaftlichen Studium und der Theologie – also zwischen einem Leben als naturwissenschaftlich interessiertem Pfarrer oder als religiös gegründetem Naturwissenschaftler. War das eine Versuchung?
Nach einem Semester Theologie in Neuendettelsau wechselten Sie zum Studium der Nanotechnologie nach Erlangen, kehrten aber bereits nach einem Semester wieder zurück ins Theologiestudium. Der Stoff der Bibel – auch die Auslegungsgemeinschaft mit anderen – reizte Sie mehr.
Wir vertrauen mit Ihnen darauf, dass Gottes Geist Sie da hindurchgeführt hat und gestärkt in der Gewissheit Ihrer Berufung.

Ihr gelungener Vorbereitungsdienst beim Ehepaar Müller-Schnurr in Bamberg St. Matthäus hat sie auf ihrem Weg bestätigt, weil Sie dort eine lebendige Gemeinde erlebten, der es gelingt, Menschen auch in der Pandemie mit Gottes Wort zu erreichen.

Doch zurück zur ersten Ordinationsfrage. Sie lautet ja nicht: „Bist Du bereit, die Heilige Schrift zu predigen“. Die Frage lautet vielmehr: „Bist Du bereit das Evangelium von Jesus Christus zu lehren, wie es in der Heiligen Schrift gegeben ist“.
Ist das ein Unterschied: Das Evangelium von Jesus Christus zu lehren oder die Heilige Schrift zu lehren?
Da kann sehr viel Unterschied sein. Man kann Menschen mit den Geboten des Alten und des Neuen Testament knechten, ein schlechtes Gewissen machen oder in die Irre zu führen. Der Teufel zitiert ja auch einen Vers in der zweiten Versuchung.
Wir lernen an Jesus, wie er die Heilige Schrift gebraucht – nämlich so, dass sie in die Freiheit führt.
Die dritte Versuchung ist angesichts des Ukraine-Krieges hoch aktuell. Es ist der Teufel, der Jesus die Reiche der Welt anbietet. Dieser Versuchung des Machtgewinns ist Putin erlegen. Jesus entmachtet den Diabolos, weil es ihm nicht um die eigene Macht geht, sondern, darum, dass Gott in seiner Liebe mächtig und wirksam ist. So wird Jesus frei vom eigenen Machtgebaren, frei vom Habenwollen.

Alle Bibelworte, die Jesus zitiert, haben ein Ziel; sie führen in die liebende Gottesbeziehung: Jesus will auf Gottes Wort hören, Gott nicht versuchen, Gott anbeten und ihm allein dienen.
Das lernen wir also von Jesus, dass wir in der Heiligen Schrift zu Hause sind und in der Beziehung zu unserem liebenden Gott, denn so werden wir frei – frei von unmittelbarer Bedürfnisbefriedigung, von Selbstzerstörung und von Großmannssucht und von vielem mehr, was unser Lebensglück und das anderer zerstört.

Jesus tut ja dann doch ein Brotwunder. Wir kennen die Geschichte der Speisung der 5000. Aber er tut dieses Wunder nicht, um seine Macht zu zeigen, auch nicht zur eigenen Bedürfnisbefriedigung, sondern weil es ihn erbarmte, als er sah, wie die Menschen Hunger haben. Jesus ist frei geworden von sich selbst, frei zur Liebe und zum Erbarmen für andere Menschen.
Der Geist Gottes führte Jesus in die Wüste. Aber er verließ diese Wüste gestärkt.
Welchen Weg der Geist Gottes uns auch führt, vielleicht tatsächlich durch manche Wüste und Versuchung hindurch – durch Gottes Geist wird es zu einem Weg, auf dem wir gestärkt werden in unserer Liebe zu Gott und den Menschen. Wir können daran sogar erkennen, ob es der Geist Gottes ist, der uns führt, wenn wir mit den Jahren, freier und liebevoller werden.

Sie, lieber Herr Herán, sagten in unserem Ordinationsgespräch etwas Erstaunliches. Sie sagten, in der Trinität Gottes – bei Vater, Sohn und Heiliger Geist – ist „der Heilige Geist das Schönste“.
„Warum?“ fragte ich erstaunt. Antwort: „Weil wir uns durch ihn freuen an der Schöpfung oder auch Gottes Nähe spüren mitten im Alltag“.
Ja, Gottes Geist tut uns gerade auch in diesen Tagen gut, weil er, wie unsere Bibel sagt, kein Geist der Furcht ist, sondern der „Kraft, Liebe und Besonnenheit“. Gottes Geist ist am Werk in der liebevollen Hilfsbereitschaft für die Menschen aus der Ukraine. Er stärkt den Willen zum Gebet für den Frieden. Er nimmt uns auch die Furcht. Denn was auch geschieht, wir bleiben in Gottes Hand.

Wie und wohin der Geist Gottes Sie, lieber Michael Herán, in Ihrem ganzen langen beruflichen und privaten Leben führen wird, wissen wir nicht, wissen auch Sie nicht. Wichtig ist, dass er es ist, der Sie führt – auch in Ihrem Leben und Arbeiten in Auerbach. Er schenkt die Worte, die Sie brauchen – auch Bibelworte. Durch ihn gehen Sie aus Schwerem gestärkt hervor. Immer wird die Liebe wachsen.
Durch Gottes Geist wird es Ihnen sogar gelingen, Alte und Junge auf den Weg der Freiheit und der Liebe zu Gott und den Menschen mitzunehmen.
 
Darum bitten wir auch jetzt vor Ihrer Ordination für Sie um Gottes Geist.
Amen.