Predigt zur Ordination
Liebe Festgemeinde und besonders, lieber Jonathan Jakob und liebe Susanne Gröger,
Lobe den Herrn meine Seele und was in mir ist seinen heiligen Namen. Lobe den Herrn meine Seele und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.
Dieser doppelte Aufruf zum Lob ist der Wochenspruch für diesen Sonntag, mit dem die neue Woche beginnt. Heute haben wir wirklich doppelt Grund Gott zu loben und ihm zu danken: Zwei Menschen sind bereit, sich mit ihrem Leben und mit ihrer beruflichen Kraft in den Dienst zur öffentlichen Verkündigung des Evangeliums und Feier der Sakramente zu stellen.
Unsere Kirche lobt heute Gott, denn er ruft Menschen in diesen Dienst. Die beiden Großfamilien loben Gott, weil er den beiden ihren Weg gezeigt hat. Und beide Gemeinden - Schauenstein und Münchwilen-Eschlikon im schweizerischen Thurgau - loben Gott, dass er ihnen einen Seelsorger bzw. eine Seelsorgerin geschenkt hat.
Diesen doppelten Aufruf zum Lob müssen wir uns also nicht zweimal sagen lassen. Uns ist nach loben und danken zumute.
Wenden wir uns zuerst Ihnen zu, liebe Frau Gröger.
Ich habe geschmunzelt, als ich Ihre Stellungnahme las. Jeder Mensch, der ordiniert werden will, muss eine Stellungnahme zu Schrift und Bekenntnis, Amt und Ordination schreiben, die dann Grundlage des Gesprächs mit dem Regionalbischof bzw. der Regionalbischöfin ist. Liebe Frau Gröger, Sie wussten damals noch nicht, welchen Leitspruch Ihr Ordinationssonntag hat. Trotzdem ist Ihre Stellungnahme überschrieben mit den Worten:
„Gott loben, das ist unser Amt.“ Ihr Lebensmotto könnte nicht besser zu Ihrem Ordinationssonntag passen.
Das Lob Gottes ist von Kindheit an in Ihrer Seele, denn Sie wuchsen in einer Familie auf, in der Sie Kirchenmusik mit der Muttermilch aufsaugen konnten. Bei Familienfeiern mit so vielen kirchenmusikalisch begabten Menschen gehörten vierstimmig vom Blatt gesungene Choräle dazu.
Schon in der fünften Schulklasse am musischen Gymnasium begannen Sie Trompete zu lernen.
Wer einmal den Bachsatz „Nun danket alle Gott“
mit Trompeten-Überstimme im Ohr hat, dem sind diese Lobesworte, samt jubilierender Melodie, in die Seele eingraviert.
Mit 15 Jahren erhielten Sie Ihren ersten Orgelunterricht, legten die D- und die C-Prüfung ab und studierten schließlich in Bayreuth Kirchen-musik für den hauptberuflichen Dienst - mit dem Abschluss als Kirchenmusikerin und staatlich geprüfte Musiklehrerin im Fach Klavier.
Weil Sie in der Bayreuther Auferstehungskirche als Studentin Orgeldienst versahen, fand dort auch die kirchliche Trauung mit Ihrem Ehemann Stefan statt. Seine Heimat ist Geroldsgrün, so fügte es sich gut, dass Sie von 2006-2017 hier im Dekanatsbezirk Naila Dienst tun konnten; Sie leiteten den Chor in Bernstein und spielten Orgel in Naila.
Freilich war da noch diese andere Spur in Ihrem Leben, Gott mit Worten zu loben und von ihm als einem Gott zu sprechen, mit dem zu leben es sich lohnt. Diese Botschaft hörten Sie schon im Kindergottesdienst und bei Kinderbibeltagen. Sie wurden ein Mensch, der auf Gottes Stimme hört, offen dafür, wie er Sie leitet.
Der Gedanke Theologie für den Pfarrberuf zu studieren, festigte sich immer mehr in Ihnen.
Im Studium spürten Sie an Ihrer Freude - z.B. an der Bibelkunde - dass dies wirklich Ihr Weg war.
Gott loben, das ist Ihr Amt. Der Berufswechsel von der Kirchenmusikerin zur Pfarrerin hat dies nicht geändert. Sie wollen und werden Gott loben in Ihrem Leben mit Klängen und Worten. Es hat sich so gefügt, dass Sie in der Schweiz eine Stelle gefunden haben, sodass auch Ihr Mann nur eine Viertelstunde braucht vom Pfarrhaus zur Schule, in der er als Logopäde tätig sein wird. Ihre Gemeinde wird sich freuen, in Ihnen eine überaus begabte Pfarrerin und eine klare Leitungspersönlichkeit zu haben. Wenn Sie es unverständlicherweise nicht tut, liebe Frau Gröger: wir nehmen Sie sofort zurück. Das wird der Mentor Ihres Vorbereitungsdienstes in Hof-Dreieinigkeit, Pfr. Herwig Dinter, gewiss bekräftigen.
Liebe Schauensteiner, da ich Euch etwas kenne und diesen Dekanatsbezirk, weiß ich, dass Ihr Jonathan Jakob schätzen werdet.
Auch Ihr Ordinationswort, lieber Herr Jakob, ist dieser berührende Aufruf zum Gotteslob -berührend, weil da ein Mensch seine Seele ernst nimmt. Lobe den Herrn, meine Seele. Die Seele in der alttestamentlichen Bibel ist nicht - wie im griechischen Denken - ein Gegenüber zum Körper.
Das Alte Testament unterscheidet nicht Körper, Seele und Geist. Die Seele ist vielmehr in der Bibel der ganze Mensch mit seinem Wesenskern, mit seinem Innersten, mit dem, was ihn ausmacht. Darum sind wir Pfarrer und Pfarrerinnen auch Seelsorger, weil das Innerste des Menschen Fürsorge, Heilung und Erlösung braucht - bis dahin, dass es Gott wieder loben kann.
Wofür würde Ihre Seele, lieber Herr Jakob, Gott besonders loben? Das Lob ist ja noch etwas anderes als der Dank. Wir danken Gott für das, was er tut. Das Lob nimmt Gottes hilfreiches Tun auf und geht noch einen Schritt weiter. Es preist Gott nicht nur, für das, was er tut, sondern wie er ist. In dem, was er tut, zeigt sich eben, wie er ist.
„Der dir alle Deine Sünden vergibt“, das ist in unserem Psalm sein erstgenanntes Tun. Dass Gott ein vergebender, ein unser Leben heilender Gott ist, das ist doch zutiefst wundersam. Ich schüttle manchmal den Kopf vor Staunen, an was für einen Gott wir glauben. „Der Dir alle Deine Sünden vergibt“. Es übersteigt meinen Verstand, wie heilend, versöhnend, aus tiefster Liebe gnädig Gott ist. Mein Kopf ist zu klein, es braucht das Herz, das diese Botschaft dankbar annimmt, sodass die Seele Gott lobt und preist, dafür dass er so ist.
„Die befreiende Botschaft von der Vergebung der Sünden ... hat mein Leben verändert“. Das schreiben Sie ganz zu Beginn Ihrer Stellungnahme zu Schrift und Bekenntnis, Amt und Ordination. Dass Gott ein Gott ist, der vergibt, das war in Ihrem Leben eine Erkenntnis, die Sie verändert hat.
Es kann auch nicht anders sein, als dass uns dies verändert, wenn in unser Herz sickert, dass Gott uns liebt, wie wir sind. Das ist für Sie, lieber Herr Jakob, ihr erster und ehrlicher Grund Gott zu loben.
Ihr Ziel ist es, dass Sie Gott auch in Krankheit, im Leid loben können werden, weil er Gott ist und ihm in jeder Lage die Ehre gehört. Gott bewahre Sie und Ihre Lieben noch lange vor Krankheit, Trauer und Leid. Freilich gehört das zu unserem Menschsein und Sie und Frau Gröger werden mit vielen Menschen zu tun haben, die trauern.
Die Bibel kennt das Lob aus der Tiefe. Nichts befreit Menschen mehr aus einer Trauer, die uns völlig in Beschlag nehmen kann, als das Lob Gottes für das, was er bisher an Gutem getan hat und wie gütig er ist.
Ich werde nie vergessen, dass ich gerufen wurde bei einer 17-Jährigen zu sein. Ihre Mutter lag tot im Wohnzimmer. Herzinfarkt. Ich sollte dableiben, bis ihr Vater, der auf Dienstreise war, heimkehrt. Sie bat mich zu singen: „Wer nur den lieben Gott lässt walten und hoffet auf ihn allezeit, den wird er wunderbar erhalten in aller Not und Traurigkeit.“ Und „Lobe den Herren“ sollte ich singen. Ich kämpfte selbst mit den Tränen. Aber ich sang und wir spürten, welche Kraft das Gotteslob gerade in solch einer Situation hat.
Zu Ihren beiden Gedanken, lieber Herr Jakob, Gott zu loben im Leid, weil Sie Gott immer ehren wollen und: Gott zu loben, weil er ein Gott ist, der vergibt und uns annimmt wie wir sind, füge ich noch einen dritten Grund hinzu, der aus allen Zeilen Ihrer Stellungnahme herausspitzt.
Gott ist ein Gott, der zu uns spricht. Er tut das wirklich. Er spricht durch die Heilige Schrift zu uns und durch Menschen, die seine Boten sind. Er leitet uns. Ein Mensch, der Gott lobt dafür, dass Gott spricht, wird verändert werden. Er wird ein hörender Mensch werden. Das haben Sie mit Susanne Gröger gemeinsam. Sie beide sind hörende Menschen geworden.
Wie kam es bei Ihnen zu dieser Erkenntnis, dass Gott vergibt und zu uns spricht? Von klein auf - seit Sie sieben Jahre alt waren, gingen Sie in die Jungschar der Gruppe Luther in der Bayreuther Kreuzkirche. Dort wuchsen Sie hinein in eine große Liebe zu Jesus Christus. Mehr und mehr wurden Ihnen auch Aufgaben anvertraut, bis Sie im Alter von 17 Jahren, zusammen mit einem Volljährigen, die Leitung einer Freizeit übertragen bekamen. Auch in diesem Sommer, nach dem Umzug und vor dem Dienstantritt zum 1. September haben Sie wieder eine 10-tägige Sommerfreizeit in Wagrein geleitet. Mir wurde über die Mutter eines Teilnehmenden zugetragen, wie sehr Ihre Andachten Anklang bei den Jugendlichen fanden. Wie gut, dass Schauensteiner Jugendliche in Zukunft mitdürfen, wenn Sie weiterhin sommers eine Freizeit der Gruppe Luther leiten.
In Ihrem Theologiestudium machten Sie dieselbe Erfahrung wie ich: Dieses Studium brachte Sie nicht vom Glauben an Christus ab, sondern erschloss Ihnen den großen Schatz, den wir in der Bibel haben, noch viel tiefer und weitete den Horizont. Sie studierten in Erlangen, Leipzig und München. Dort in St. Matthäus bei Markus Roth war auch Ihr Vikariat. Nun kehren Sie gerne zusammen mit Ihrer Frau Luisa nach Oberfranken zurück. Schauenstein, das ich Ihnen als mögliche Stelle nannte, gefiel Ihnen beiden. Das freut mich - freut uns sehr.
Kirche, Familien, Gemeinden haben heute großen Grund, Gott zu loben. Und auch Sie beide, liebe Susanne Gröger und lieber Jonathan Jakob. Denn Gott hat Sie gerufen, so dass Sie hörten. Er hat Sie berührt im Innern, sodass Sie spürten: Gott will mich, damit ich von ihm rede und singe, dass ich ihn lobe mit meinem Leben auch in meinem Dienst. Es wurde Ihre Hoffnung, dass der Heilige Geist durch Sie wirkt, sodass auch andere zum Glauben an Jesus Christus finden.
Jesus Christus, Ihr eigentlicher Ordinator, sendet Sie heute in den Dienst der öffentlichen Verkündigung seines Evangeliums und schenkt Ihnen dazu seine Gegenwart im Heiligen Geist. Er ist es, der Sie segnet, wenn wir nun die Hände auflegen.
Lob und Ehre sei ihm. Amen